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Der 300 SL von 1953: das "Transaxle-Coupé"
Hajo Lütke
Wir schreiben das Jahr 1953.
Das "Wirtschaftswunder" beginnt im Nachkriegs-Deutschland ganz langsam Früchte zu tragen; das heißt u. a., dass es auch schon wieder Personen gibt, die sich gewisse Luxusgegenstände leisten wollen und können.
Konrad Adenauer ist in diesem Jahr ein zweites Mal zum Bundeskanzler gewählt worden. Er hat den "Dreihunderter", das seit zwei Jahren gebaute Flagschiff der aus den Trümmern des 2. Weltkrieges wieder aufgebauten Stuttgarter Autoschmiede, zu seinem Dienstfahrzeug gemacht, und ihm dadurch auch zu seinem Spitznamen verholfen: "Mercedes-Benz 300-Adenauer" (Abb. 1).
Dieser 300 (W 186) und das davon abgeleitete 300 S Coupé / Cabrio (W 188) sind im weitesten Sinne die Väter des Autos, über das wir hier berichten wollen, den W 194/11 (weshalb er .../11 heißt, erkläre ich später).
Abb. 1:  W 186 / 300 "Adenauer" Abb. 2:  W 188 / 300 Sc Abb. 3:  W 194 (FG 08) mit Rudolf Uhlenhaut (Foto 1953)
Aber zuvor müssen wir noch einen kleinen Umweg über das Jahr 1952 machen, denn im März dieses Jahres wird der erste Mercedes-Rennsportwagen nach dem Krieg, der 300 SL (W 194) vorgestellt und bereits ab Mai auf internationalen Rennstrecken und national auf dem Nürburgring eingesetzt (Abb. 3).
Die Entscheidung, dieses Auto zu bauen, war erst im Juni 1951 gefallen und auch nur unter der Bedingung, keine komplette Neukonstruktion zu planen, sondern weitgehend auf Teile der 300er-Serienfahrzeuge zurückzugreifen (die Gründe hierfür waren u. a. Geldmangel und fehlende neue Werkstoffe). So wurden aus der 300er-Serie u. a. der Motor (der seinerseits in einfacherer Form bereits im Krieg als LKW-Motor gedient hatte) mit Getriebe, die Vorder- und Hinterachse, die etwas verbreiterten Bremstrommeln und die 15-Zoll-Felgen übernommen. Dieses alles, in einen von Rudolf Uhlenhaut (damals Leiter der Versuchsabteilung PKW) genial konstruierten sehr leichten Stahlrohr-Gitterrahmen gebaut und mit einer windschnittigen Aluminiumhaut überzogen, ergab den Ur-SL (W 194).
Er strotzte mit seinen ca. 170 PS nicht gerade vor Kraft, aber nach der Maxime "niedrig - schmal - leicht" (cw-Wert: 0,25 !!!!!!!) konnten alle Leistungsdefizite wettgemacht werden. Das zeigten ganz deutlich die Ergebnisse aus den fünf Rennen des Jahres 1952, in denen der 300 SL eingesetzt wurde: vier 1., fünf 2. und zwei 3. Plätze. 
Trotz dieser Erfolge ließ der Vorstand der Daimler-Benz AG bereits nach dem vorletzten Rennen im August 1952 verlauten: "....dass man alles erreicht habe, was man sich mit dem Sechszylinder-Sportwagen erhofft hatte und dass ihr Einsatz damit beendet sei, um nun das Hauptaugenmerk auf die Vorbereitungen für das Grand-Prix-Programm zu richten". In die Formel 1 wollte man ab 1954 wieder einsteigen, weil ab diesem Zeitpunkt ohnehin wegen einschneidender Regeländerungen auch bei allen anderen Rennställen Neukonstruktionen notwendig werden würden.
Wäre dieser Beschluss tatsächlich in dieser Form zum Tragen gekommen, hätte es nie eine Weiterentwicklung des 52er W 194 gegeben, und ich würde über den W 194/11 heute keinen Bericht schreiben können. In der Realität kam es ja auch anders, wie wir wissen.
Erst einmal fuhr im November 52 die Werksmannschaft von Daimler-Benz noch mit großem Aufwand nach Mexiko, um an der berühmten Carrera Panamericana teilzunehmen und - fast schon selbstverständlich - auch recht erfolgreich mit einem Doppelsieg abzuschließen.
Nach diesem legendär gewordenen Rennen wurde das Siegerauto, die Startnummer 4 mit den berühmten "Geier"-Schutzstäben vor der Frontscheibe, nach Los Angeles gebracht, um dort anlässlich einer Ausstellung der amerikanischen Öffentlichkeit präsentiert zu werden.
Dieser Tatsache müsste man normalerweise keine besonders große Bedeutung beimessen, hätte nicht am 1.12.52 Uhlenhaut in einem Memorandum folgendes niedergelegt: "Nachdem - im Gegensatz zum Beschluss von Ende August 52 - nun doch im Jahr 1953 an wichtigen Veranstaltungen teilgenommen werden soll, ist zu überlegen, durch welche Maßnahmen die Fahrleistung des 300 SL gesteigert werden kann".
Aus dieser Denkschrift kann man wohl auf einen Sinneswandel im Hause Daimler-Benz schließen.
Welchen wahren Grund es dafür gab, lässt sich nicht mehr ermitteln, aber Gerüchten zu Folge könnte bereits zu diesem Zeitpunkt die Einflussnahme von Max Hoffmann, dem größten amerikanischen Mercedes-Importeur und leidenschaftlichen Sportwagen-Liebhaber, eine entscheidende Rolle gespielt haben. (Er war ja etwas später dann wirklich derjenige, mit seiner Bestellung von 1.000 Mercedes-Sportwagen für den USA-Markt die Initialzündung für die Serienherstellung des 1954er 300 SL (W 198) gab).
Jedenfalls hatte Uhlenhaut zu seinen Überlegungen aus dem Memorandum auch sehr bald konkrete Verbesserungsvorschläge parat und sogar Fertigstellungstermine für die ersten 5 Autos des neuen W 194/11: das erste zum 15.2.1953; die weiteren vier sollten zwischen dem 7.3. und 7.4. - rechtzeitig zur Mille Miglia am 25.4.53 - fertig werden. Und ganz sicher ist auch sehr bald mit dem Bau des ersten Fahrzeugs begonnen worden.
Nun sind wir endlich wieder im Jahr 1953 angekommen.
Leider erregte sofort Anfang 1953 gänzlich unerwartet folgende Pressemitteilung die Gemüter, in der es u. a. heißt:  "......Das Haus Daimler-Benz glaubt berechtigt zu sein, darauf hinweisen zu können, dass die Mercedes-Benz-Sportwagen im Laufe des vergangenen Jahres hinreichend bewiesen haben, dass sie das Gebiet der internationalen Sportwagen hinreichend beherrschen...... [Deshalb] verzichtet Daimler-Benz im Jahr 1953 auf eine weitere Beweisführung für die Überlegenheit ihrer Sportwagen in internationalen Konkurrenzen, ohne ihre ruhmreiche Tradition auf dem Renngebiet für die weitere Zukunft aufzugeben........".
Das war nun das endgültige Aus für die Rennsportkarriere des 53er 300 SL.
Nach außen hin wurde es auch wirklich still um ihn, aber in der Rennsportabteilung des Werkes wurde trotzdem fleißig an dem einzigen Exemplar des W 194/11 weitergebaut und mit ihm experimentiert. Vieles deutete darauf hin, dass dies auch im Hinblick auf die Entwicklung des Serien-SL geschah, obwohl im Detail weiter ein reinrassiger Rennsportwagen entwickelt wurde.
Was hatte sich Uhlenhaut nun an Veränderungen gegenüber dem Vorgänger von 1952, dem W 194, für dieses 53er Fahrzeug gewünscht?
Es sollte noch leichter sein. Die Aerodynamik musste noch mehr verbessert werden. Beim Motor wollte er die Vergaser durch die neue Einspritztechnik ersetzen, um die Leistung zu steigern. Damit diese erhöhte Leistung aber auch auf die Straße gebracht werden konnte, benötigte die Hinterachse gewisse Veränderungen, es sollten Scheibenbremsen und endlich die 16-Zoll-Räder eingesetzt werden. Außerdem strebte er eine Verbesserung der Gewichtsverteilung an.
Und was hat er von diesen Wünschen durchsetzen können? Nun, so ziemlich alles. Es blieben hiervon lediglich die Scheibenbremsen auf der Strecke.
Damit wurde 1953 der innovativste SL gebaut, den es je gab. Natürlich besser als sein Vorgänger, aber auch besser als sein Nachfolger, denn einige der Neuerungen wurden 1954 nicht mit in die Serie des W 198 übernommen.
Nähern wir uns nun endlich diesem Traumwagen und schauen ihn uns außen an.
Karosserie und Cockpit

Äußerlich hat sich die Karosserie gegenüber dem Vorgänger komplett verändert, lediglich die Grundsilhouette wurde beibehalten. Das Auto wurde kürzer, schmaler und niedriger. Am markantesten erscheint der Unterschied an der Frontpartie mit dem größeren, fast eckigen Kühler-Lufteinlass und den kleineren Scheinwerfern. Durch die Absenkung der Motorhaube wurden die beiden typischen Aufwölbungen für den Ventildeckel und die Luftkammer der Einspritzanlage nötig. Seitlich am Fahrzeug erkennt man jeweils hinter dem Vorder- und Hinterradauschnitt eine Öffnung mit Gitter. Die Radausschnitte sind so vergrößert, dass dort 16-Zoll-Räder Platz finden können und unterhalb des Einstiegs verläuft zwischen den Ausschnitten eine Chromzierleiste (ganz ungewöhnlich für einen Rennsportwagen!). Der Dachaufbau und die Heckpartie entspricht schon weitgehend der 54er-Serie, d.h. vor der Frontscheibe gibt es einen Lufteinlass für die Heizung und Belüftung, und die Entlüftung des Cockpits erfolgt nicht mehr über eine Klappe oberhalb der Heckscheibe, sondern über zwei permanente Öffnungen an der gleichen Stelle. Und die Rückleuchten sitzen jetzt auf aus der Karosserie herausgewölbten Sockeln (Abb. 6).

Abb. 4:  Das 11-Cockpit (Foto von 2005)
Abb 5:  Ein frühes Werksfoto
Der Innenraum ist sehr spartanisch eingerichtet. Der gesamte Raum hinter den Sitzen (der in der Serienversion Platz für das Gepäck bietet) ist mit einem großen Tank ausgefüllt. Das bedeutet auch, dass der Einfüllstutzen wieder durch die Heckscheibe geführt werden muss (wie bei der "Le Mans"-Version des W 194 von 1952). Die Sitze sind einfache, fest am Boden montierte Leichtmetallschalen, deren Rückenlehnen aus in den großen Tank eingelassenen, muldenförmigen Vertiefungen bestehen. Die Polsterung bilden mit Druckknöpfen befestigte Einlegekissen. Ein kurzer Schalthebel befindet sich auf dem Mitteltunnel (durch das Transaxle-Prinzip möglich). Lediglich das Armaturenbrett mit fünf Rundinstrumenten sieht schon fast so elegant aus wie später in der Serie, denn es hat sogar eine angedeutete Polsterung mit Chromleiste.
So, nun geht's an die inneren Werte.

Die Aerodynamik

Um den cw-Wert noch weiter zu senken, wurde die Spurweite vorne um 8 cm und hinten um 10 cm verringert, dadurch konnte das Fahrzeug um fast 16 cm schmaler gemacht werden. Das hat, zusammen mit dem Tiefersetzen des Daches, die Stirnfläche um ca. 9% verkleinert.
Eine weitere Möglichkeit, den Luftwiderstand abzusenken, waren die seitlichen, kiemenartigen Luftöffnungen. Uhlenhaut hatte herausgefunden, dass es strömungsmäßig vorteilhafter war, die Wärmeableitung von Motor und Reifen nicht über den Unterboden abzuführen, sondern seitlich über die vom Unterdruck umströmte Karosserie. So dienen also diese "Kiemen" keineswegs nur der optischen Verbesserung.
Hier sei noch mal kurz etwas eingefügt, zur Erklärung, falls Sie sich auch schon immer über diese Kuriosität gewundert haben sollten: Die Versuchsabteilung hat nachträglich zum Beweis, dass dieser Kiemen-Trick nicht nur beim W 194/11, sondern auch bei anderen Fahrzeugen Verbesserungen bringt, erst später - und zwar 1954 - den 52er Siegerwagen der Carrera Panamericana ebenfalls mit solchen Kiemen versehen und dabei die gleichen positiven Ergebnisse erzielt. Und seit dieser Zeit steht dieses Auto (W 194) in der veränderten Form im Mercedes-Museum und ist auch so - ohne Bemalung allerdings - auf dem bekannten Vierer-Gruppenfoto mit dem 300SL von 1953 (W 194/11) und 1954 (W 198) sowie dem SLR zu sehen.

Abb. 6:  Heckansicht (Foto von 2005)
Die Fahreigenschaften:  Chassis und Fahrwerk

Als Chassis wurde der Stahlgitter-Rohrrahmen beibehalten, aber so verkürzt, dass er einen um 10 cm kürzeren Radstand erlaubte. Das ermöglichte auch eine um 12 cm verkürzte Karosserie. Weitere Veränderungen am Chassis waren nicht nötig.
Wohl aber am Fahrwerk. Hier musste etwas getan werden, um die gewaltige Leistungssteigerung auch auf die Straße bringen zu können.


Abb. 7:  Typschild des "Hobel"
Zwar entsprachen die Radaufhängungen mit Schraubenfedern und Stoßdämpfern bis auf gewisse Verfeinerungen und Modifikationen wegen der verringerten Spurweite dem Vorjahresmodell, aber an der Hinterachse wurde eine wesentliche Verbesserung vorgenommen, denn die Zweigelenk-Pendelachse des W 194 stand am Ende ihrer Entwicklungsmöglichkeiten. So konstruierten die Ingenieure eine Eingelenk-Pendelachse, deren tief gelegter Anlenkpunkt unterhalb des Differentialhalses liegt. Die Radführung der Achse übernehmen auf jeder Seite zwei Längslenker, die sich jeweils nach vorne und hinten am Rohrrahmen abstützen. Diese neue Hinterachse (hierfür gab's mehrere Patente), kombiniert mit dem nach dem Transaxle-Prinzip an das Differential angeflanschten Schaltgetriebe, bildete den innovativsten Antriebsblock, den es bis dahin je gegeben hatte (dann aber zum Bedauern vieler späterer Kunden 1954 nicht mit in die Serie des W 198 übernommen wurde). Zusammen mit der Radstandverkürzung ergab sich so eine ausgewogene Achslastverteilung und damit das gewünschte und verbesserte Fahrverhalten.
Der Motor

Hierüber gibt es in der einschlägigen Literatur seitenweise Abhandlungen mit unendlich vielen Details.
Zu Recht, denn neben dem neuen Antriebsblock handelt es sich bei dem hier verwendeten Aggregat um die zweite große Innovation im Kraftfahrzeugbau: den ersten in ein Mercedes-Auto eingebauten Viertaktmotor mit Benzin-Direkteinspritzung (werksinterne Motorbezeichnung: M 198).
Eigentlich ist es immer noch der gleiche Motor, wie er schon im 300-Adenauer (als M 186) mit 115 PS seinen Dienst getan hat. Für den W 194 mussten natürlich schon sehr viele Veränderungen vorgenommen werden (er hieß jetzt auch analog M 194), um die 170 PS zu erreichen. Damit stieß die Leistungsausbeute aber auch zugleich an die Kapazitätsgrenze des Fahrwerks. Bei Experimenten mit einem Kompressor-Motor ließ sich die weiter erhöhte Leistung nicht mehr vernünftig auf die Straße bringen.
Im Jahr 1952 kam Dr. Hans Scherenberg als PKW-Konstruktionschef zu Mercedes. Er konnte die reichliche Erfahrung auf dem Gebiet der Benzin-Einspritzung, die er bereits beim Flugmotorenbau im Krieg gesammelt hatte, jetzt hier einbringen. Die Weiterentwicklung des M 194 zum M 198 begann also früh im Jahr 1952. Ende 1952 war der Motor bereits serienreif mit 215 PS. Auf dem Weg dahin wurde neben vielen anderen Verbesserungen auch die Verdichtung erhöht, die Anordnung der Kerzen verändert, die Ventile vergrößert und deren Steuerzeiten entsprechend neu eingestellt, und natürlich alle notwendigen Vorbereitungen für den Einbau der Einspritzanlage vorgenommen. Aber immer noch hatte auch dieser Motor 2996 cm³ und musste mit 40° nach links geneigt eingebaut werden.

Was man sonst noch über den "Elfer" wissen sollte:
Diese Bezeichnung für unser Auto wurde werksintern sehr oft benutzt. Dafür gibt es natürlich eine ganz normale Erklärung. Dieses Auto hatte die Fahrgestell-Nummer W 194 010 00011/53 mit dem Motor M198/11 (Abb. 7). Es war also der elfte W 194 und wird deshalb auch korrekterweise immer unter der Bezeichnung W 194/11 geführt (die Fahrgestell-Nummern 1 bis 10 waren für die zehn Chassis der 52er 300 SL vergeben).
Ein anderer, häufig wiederkehrender Spitzname für den W 194/11 war "Hobel". Dies (oder "schneller Hobel") war in der damaligen Zeit ein durchaus geläufiger, liebevoller Ausdruck, wenn man ein schnittiges Fahrzeug zwar anerkennend, aber spaßig benennen wollte. Wer diese Bezeichnung eingeführt hatte, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen.
Eine weitere Besonderheit, für die es auch keine schriftlichen Belege in meinen Büchern gibt, ist die Tatsache, dass von diesem Auto auf den gezeigten Fotos drei verschiedene "Versionen" abgebildet sind.
1. Die meisten Bilder gibt es von einem silbernen Fahrzeug mit relativ schmalen Kiemen vorn und drei Chromleisten längs auf den hinteren Kiemen. Hierbei tritt der Auspuff im unteren Teil der rechten Kieme vorn aus (Abb. 5).

2. Wenige Bilder zeigen ein ebenfalls silbernes Fahrzeug mit breiteren vorderen Kiemen und vier Chromleisten auf dem hinteren Luftaustritt (Abb. 6). Hier kommt der Auspuff unterhalb der rechten Kieme und unterhalb der langen Chromleiste aus der Karosserie.

3. Und dann existiert da noch das Vierer-Gruppenfoto (Abb. 8), das einen dunkel lackierten "Elfer" neben einem echten W 194, einem W 198 und einem SLR zeigt. Auf diesem Bild erkennt man von den erwähnten Merkmalen des W 194/11 leider nur die vorderen Kiemen und diese entsprechen der zweiten hier beschriebenen Version. Dieser Wagen hat aber noch im Gegensatz zu den anderen Bildern eine verchromte Maske um den vorderen Lufteinlass und ein Zulassungskennzeichen. *

Über die chronologische Einordnung dieser drei Varianten gibt es keine Unterlagen oder Informationen.
Meine persönliche Ansicht ist folgende:
In der ersten Version wurde das Auto während der gesamten Erprobung bis zum Herbst 1953 eingesetzt, bis Uhlenhaut im Oktober diese Phase für abgeschlossen erklärte.
Danach hat der Entwicklungsleiter Karosseriebau im Werk Sindelfingen, Direktor Ing. Karl Wilfert, den "Hobel" als Reise- und Dienstwagen übernommen und gefahren (Nummernschild AW24-6303), bis er für diesen Zweck ein neues
W 198-Serien-Coupé benutzen konnte (letzteres ist schriftlich überliefert). Da Wilfert maßgeblich an der Karosserie-Gestaltung des W 198 beteiligt war, könnte ich mir vorstellen, dass er ihn sich hat dunkel - auf dem Schwarz-Weiß-Foto sieht es wie anthrazit aus - spritzen lassen.

Abb. 8: Die große SL-Familie der 50er (links das 300 SLR "Uhlenhaut-Coupé")

Abb. 9: v.l.n.r. 300 SL W 198, W 194 Typ 11, W 194 (FG 08)
Vielleicht hat er dann auch die größeren Kiemen und die Chromumrandung des Lufteinlasses - zum testen für den W 198 - einfügen lassen? Eventuell ist die Auspuffanlage ja auch mit einem Schalldämpfer versehen worden, weil das Endrohr jetzt tief unten an der Karosserieseite austrat? Wer weiß das schon? Fest steht nur eins: die dunkle Farbgebung muss es zumindest bis oder auch noch nach 1955 gegeben haben, schließlich steht auf dem Vierer-Gruppenbild ein 300 SLR "Uhlenhaut-Coupé" von 1955 mit in der Reihe.Die Zurückrüstung auf die silberne Farbe und die Entfernung des Lufteinlass-Chroms unter Beibehaltung der großen Kiemen und des tiefen Auspuffs (Version 2) erfolgte sicher zu einem späteren Zeitpunkt, denn alle mir dazu vorliegenden Bilder scheinen neueren Datums zu sein.
Und genau diese zweite Version steht jetzt im Mercedes-Benz-Museum und diente als Vorbild für das Jahresmodell 2006 des Mercedes-Benz Modellauto-Clubs (MBMC).
* Eine weitere hier nicht erwähnte Modifikation, die dem Typ 11 im Lauf der Zeit widerfuhr, ist die Ruhelage der Scheibenwischer. In der Urversion liegen diese, vom Fahrer aus gesehen, rechts. Irgendwann - und so ist es auch heute noch - wurde die Ruhelage nach links gesetzt, wobei die Wischerblätter auf aktuellen Fotos häufig halbhoch oder gar steil stehen. Bei Testfahrten auf der Solitude war der Wagen auch schon mal ganz ohne Wischerarme unterwegs, wie diese Fotos belegen.
(Nachtrag Webmaster 15.07.2012 - viele Dank an G. H. für den Hinweis!)
 

Abb. 10:  Neubauer in Stimmung
Dieser Text wurde zuerst veröffentlicht im Club-Journal Nr. 1/2006 des Mercedes-Benz Modellauto-Club (MBMC) und wird hier leicht verändert wiedergegeben. Ich danke Hajo Lütke für die Genehmigung zur Veröffentlichung auf der 300-SL-Homepage.

Copyrights:
Hajo Lütke (Text)
Mercedes-Benz Werksarchiv (Abb. 1, 3, 5, 8, 9, 10)
Andreas Meiniger (Abb. 4, 6, 7)
Ralf-Otto Pferdmenges (Foto 300-SL-Schriftzug am Seitenanfang)
www.mb300sl.de (Layout)

Weitere Abbildungen des Typ 11 auf der 300-SL-Homepage in der Bildergalerie!

Abbildung des Typ 11 als MBMC-Jahresmodell auf der Seite Modell-Neuheiten!

Und hier noch Fragen zur nebenstehenden Abbildung: Wer kennt den Namen der jungen Dame neben Rennleiter Neubauer? Vermutlich ist das Foto im September 1954 auf der Rennstrecke von Monza entstanden. Informationen bitte an webmaster@mb300sl.de.
 
 

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