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Der doppelte Roadster
Ein gelbes Wiking-Modell und sein Vorbild



Von 1961 bis 1969 gab es den MB 300 SL Roadster der Baureihe W 198 II bei Wiking schon einmal. Seit 2003 gibt es ihn aus einer neu konstruierten Form nahezu dauerhaft im Wiking-Programm. Im August 2024 kommt er als Farbvariante in einem „Phantasiegelb“ auf den Markt.
Von Wiking selbst als „Zinkgelb“ bezeichnet, entspricht die Farbe tatsächlich keinem der Gelbtöne der Daimler-Lacke exakt. Weder Senfgelb (DB 638), Phantasiegelb, (DB 653), Zitronengelb (DB657/667), noch Uranium-gelb (DB 662).
Geht man davon aus, dass er „Phantasiegelb“ sein soll, ist er eines von ganz wenigen Exemplaren, noch dazu eventuell der mit einer höchst interessanten Vorbild-Geschichte.

Im Herbst 2022 kauft ein Classic-Car-Händler aus Mülheim einen roten Mercedes-Benz 300 SL Roadster, der seit 1969 in der Region Schaffhausen eine Bleibe gefunden hatte. Zuvor gehört der Wagen einem Züricher, der nach dem Genfer Automobilsalon von 1961 den phantasiegelben Star vom Hersteller-Stand erstanden hatte. Von den von 1957 bis 1963 angebotenen Roadstern sind 1858 Stück gebaut worden, aber nur fünf davon wurden in dieser Farbe ausgeliefert. Zudem ist dieser das sechste gebaute Exemplar mit Scheibenbremsen.
Als der Händler das Auto anmelden will, erfährt er, dass es bereits einen anderen Mercedes-Benz 300 SL Roadster mit der Fahrgestellnummer-Endung 2786 gibt, der von einem bekannten Händler und Restaurateur in der Nähe von Stuttgart 2019 im Auftrag der Familie eines verstorbenen Kunden in Kommission vermittelt worden und zuvor von 2012 bis 2017 mit exakt dieser Identifikationsnummer in Deutschland zugelassen war.
Am 31. Mai 2023 werden daraufhin die Firmenstandorte des Stuttgarter Händlers sowie die Privaträume des Firmeninhabers und seiner beiden Söhne durchsucht. Im Raum steht der Verdacht, dass der Roadster nachgebaut und mit der gleichen Fahrgestellnummer versehen worden sei. Denn das Original war bisher ausschließlich in der Schweiz angemeldet. Und weil der Schweizer 300 SL schon lange nicht mehr phantasiegelb, sondern rot lackiert war, galt der Wagen lange Jahre als verschollen. Damit bot er Fälschern die Möglichkeit, die Fahrgestellnummer zu nutzen und eine Kopie herzustellen.
Der vermeintlich gefälschte gelbe Mercedes-Benz 300 SL Roadster wird schließlich in der Sammlung eines Sultans in Malaysia ausfindig gemacht, von Sachverständigen besichtigt, und für echt befunden.
Es handelt sich bei dem Auto also keineswegs um eine Nachbildung!
Allerdings sind Fahrgestellnummer und Motornummer manipuliert, andere Baugruppennummern entfernt. Darüberhinaus war das Fahrzeug 1983 in Frankfurt als gestohlen gemeldet worden. Und taucht 1992 wieder auf, lackiert in Phantasiegelb und mit der Identität des 300 SL vom Genfer Salon, mit nun auf 2786 anstatt auf 2765 endender Fahrgestellnummer.
Bemerkenswert ist, dass auch Differential, Getriebe sowie die Lenkung und die Identifikationsnummern der Vorderachse nun mit dem Original identisch sind. Ein echter 300 SL – aber einer mit einer gefälschten Identität.

Auch wenn von den ursprünglichen Vorwürfen und dem Verdacht, dass der Stuttgarter Händler professionelle Oldtimer-Repliken hergestellt und verkauft haben soll, nicht viel übriggeblieben ist, hat die GmbH die Ermittlungen nicht überlebt. Einer der renommiertesten Restaurierungsbetriebe der Welt mit dem Inhaber als einem der führenden Experten für die Modelle 300 SL und 600 hat im Januar 2024 Insolvenz anmelden müssen. Das Classic-Center von Mercedes-Benz hat Mitarbeiter und Ersatzteile übernommen.

© 2024, A. Hinder, Konstanz. Zuerst online veröffentlicht im Wikingtreffpunkt (Zugang nur mit Anmeldung).

Text überarbeitet (Namen anonymisiert) by www.mb300sl.de, © 2024.
Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Verfassers.

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