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Die Geschichte des Mercedes-Benz 300 SL
 
Als im Februar 1954 auf der International Motor Show in New York der erste Mercedes 300 SL-Seriensportwagen - kaum fahrbereit - präsentiert wurde, besaß das Fahrzeug schon eine erfolgreiche Vorgeschichte. Ohne sie hätte es den von den Amerikanern wegen seiner Flügeltüren "Gullwing" (Möwenflügel) genannten Straßensportwagen nie gegeben. Die Geschichte des 300 SL beginnt also nicht 1954, sondern bereits 1951.
Foto: rtf
W 194-Heck
W 194 - DIE RÜCKKEHR DER SILBERPFEILE

Am 15. Juni 1951 beschloß der Vorstand von Daimler-Benz den Bau eines neuen Sportwagens. Das Fahrzeug sollte auf der Basis der neuen Mercedes-Oberklassetypen 300 bzw. 300 S entstehen. Im Herbst/Winter 1951 wurden die ersten Probefahrten mit dem von Rudolf Uhlenhaut konstruierten 300 SL (= Sport Leicht) mit der Werksbezeichnung W 194 auf der Solitude und dem Nürburgring unternommen. Zur gleichen Zeit entwickelten die Ingenieure den aus der Serie stammenden 3-Liter-Motor weiter. Die Maschine wurde um 50 Grad geneigt eingebaut, um die Karosserie niedrig halten zu können, und erhielt schließlich die Nummer M 194. Bis zur Mille Miglia 1952 wurde die Leistungsentfaltung auf Werte zwischen 166 und 171 PS gebracht und durch weitere Modifikationen im Lauf des Jahres noch auf über 200 PS gesteigert. Beim 52er-Rennen auf dem Nürburgring experimentierte Mercedes gar mit einem Kompressormotor (M 197), der 230 PS brachte.
Der Motor kam aber später nicht mehr zum Einsatz, da die Fahrzeuge diese Leistung nicht auf die Straße bringen konnten und die Zylinderköpfe mit der hohen Wärmeentwicklung Probleme hatten. 
Die Karosserie des 300 SL wurde von einem einzigartigen Rohrrahmen getragen, der den Wagen bei geringstmöglichem Gewicht verwindungssteif machte, da seine Streben nur auf Zug und Druck beansprucht wurden. Er verhalf dem 300 SL auch zu dem Merkmal, das den meisten Menschen spontan einfällt, wenn die Rede auf dieses Auto kommt: die Flügeltüren. Das Rohrrahmenchassis war seitlich so hochzogen, daß an einen normalen Türausschnitt nicht zu denken war. Zu Beginn war der Einstieg eine Art Klappe, die - knapp neben der Dachmitte aufgehängt - bis zur Unterkante der Seitenfenster reichte. Um den Vorschriften der Sportkommissare zu genügen, wurde für die Wagenabnahme vor dem Rennen in Le Mans schließlich der Türausschnitt so vergrößert, daß die Unterkante etwa bis zur Mitte der Fahrzeugseite reichte. Den (höchst erfolgreichen) Renneinsätzen stand nun nichts mehr im Weg. 
Vom Typ W 194 wurden 10 Fahrzeuge gebaut, von denen die meisten heute noch existieren. Restauriert dienen sie als Museumsstück, aber auch als fahrtüchtige Präsentations- fahrzeuge bei Oldtimer-Veranstaltungen. Sogar Renneinsätze bei der historischen Mille Miglia werden mit ihnen bestritten.
Nur zehn 300 SL des Typs W 194 wurden gebaut? Nein. Eigentlich waren es 11. 

Der erste 300 SL
W 194 - der erste 300 SL
 

Das Rohrrahmenchassis
Strip: das Rohrrahmenchassis des W 194

DER "HOBEL"

Obwohl der Daimler-Benz-Vorstand im August 1952 beschlossen hatte, keine weiteren Renneinsätze des 300 SL für 1953 mehr zu planen, schien es Ende des Jahres, daß dieser Beschluß vielleicht revidiert würde. Uhlenhaut machte sich an die Weiterentwicklung des erfolgreichen Sportwagens. Versuchsträger war der W 194 mit der Chassisnummer 194 010 000011/53. Etliche Fahrzeugteile wurden durch leichtere ersetzt, die Karosserie stark modifiziert, um den cw-Wert zu verbessern, der Motor mit einer Einspritzanlage versehen (und als M 198 bezeichnet), und das im Transaxle-Prinzip ausgelegte Fahrwerk hinten mit einer neuen Eingelenk-Pendelachse versehen, um das Fahrverhalten und die Kraftübertragung des nunmehr dank der Einspritzung ca. 215 PS starken Motors auf die Straße zu verbessern. Der von den Werksangehörigen liebevoll "Hobel" genannte Wagen wurde der schönste, modernste und technisch fortschrittlichste 300 SL, aber er blieb ein Einzelstück, und sein vorbildliches Fahrwerk wurde aus Kostengründen nicht in die spätere Serie übernommen. Auch erlebte der 11er keine Renneinsätze mehr - das Werk war mit dem W 196 wieder im Formelsport aktiv. Das legendäre Auto ist noch heute im Besitz von Daimler-Benz, wird jedoch nur selten öffentlich gezeigt. Warum eigentlich?
(Mehr zum W 194/11 auf dieser Sonderseite.)

Typ 11 - Der Hobel
Das Einzelstück: Der "Hobel"
 

Typ 11-Testfahrt
Der 11er in Fahrt
(Foto: Motor-Klassik)

W 198 - VOM COUPE ZUM ROADSTER

Viele Legenden und Gerüchte ranken sich um den Weg, der vom Renn-300 SL zum Serien-300 SL führte.
Unbestritten ist der Umstand, daß Max(i) Hoffman, der US-Generalimporteur für Mercedes, einen großen Anteil daran hatte. Die Rennerfolge des 300 SL in Mexiko, direkt vor der Haustür der USA, hatten Eindruck hinterlassen und Hoffman glaubte, einen großen Markt für einen Mercedes-Seriensport- wagen zu haben. Der zunächst zögerliche Daimler-Benz-Vor- stand rang sich schließlich eine positive Entscheidung ab, und im Februar 1954 stand der Prototyp auf der "International Motor Show" in New York. Das Fahrwerk wurde vom W 194 übernommen, als Motor stand der M 198 zur Verfügung. Die Flügeltüren blieben - und eine Autolegende war geboren. Mit der werksinternen Bezeichnung W 198 stand das erste Serienfahrzeug mit  Benzineinspritzung zum damals stolzen Preis von 29.000 DM in den Verkaufsräumen. Gemessen am Luxus, der hier angeboten wurde, verkaufte sich der 300 SL sehr gut. Von 1954 bis 1957 wurden vom Coupé, wie der Flügeltürer offiziell hieß, ca. 1400 Exemplare gebaut, darunter 28 mit Aluminiumkarosserie und ein Exemplar mit GFK-Aufbau (Glasfaser). Letzteres wurde aufgrund mangelhafter Spaltmaße nie verkauft und das Experiment auch nicht weiter verfolgt. Ein großer Teil der Gesamtproduktion ging in die USA, und von dort kam wiederum auch der Anstoß zur Produktionseinstellung des Coupé. Insbesondere den Kunden im sonnigen Südwesten der Staaten wurde es im Flügeltürer schnell zu warm, und die Nachfrage nach einer offenen Version wuchs. 
Mittlerweile war auch die Kritik am Fahrverhalten des Coupé gewachsen. Die unter Streß sprunghafte Zweigelenk-Pendel- achse des Flügeltürers versetzte Schnellfahrer in Kurven in Angst und Schrecken. So war es nur konsequent, daß der bereits 1955 als Prototyp gebaute (übrigens auf Basis des alten W 194 mit der Fahrgestellnummer 00009/52) und ab 1957 in Serie angebotene 300 SL Roadster die Eingelenk-Pendelachse erhielt, die schon dem "Hobel" zu Fahrstabilität auf kurviger Strecke verhalf. Da man logischerweise beim offenen Roadster keine Flügeltüren mehr einbauen konnte, erfuhr der Rohrrahmen eine entsprechende Umkonstruktion. Auch die Frontansicht veränderte sich, übereinanderstehende Doppelscheinwerfer mit integriertem Blinker in einem großen Lampengehäuse verschafften nun den Fahrern Durchblick. Schutz vor den Unbilden des Wetters bot ein Cabrioverdeck oder auch wahlweise ein Hardtop. Der Roadster wirkte luxuriöser, aber auch zahmer als der Flügeltürer, sein gegenüber dem Vorgänger größeres Gewicht bremste ihn bei den Fahrleistungen ein.
Ausgerechnet dieser Roadster diente als Basis für zwei Wagen, die die 1952 abgebrochene Rennsport-Geschichte des 300 SL noch einmal für ein Jahr fortsetzten. Für den amerikanischen Rennfahrer Paul O'Shea baute das Werk zwei 300 SLS, mit denen dieser die US-Sportwagenmeisterschaft im Jahr 1957 gewann. 
Die Bauzeit des Serien-Roadsters reichte von 1957 bis 1963, und nach 1858 produzierten Exemplaren schlug Daimler-Benz das Kapitel W 198 zu: am 8. Februar 1963 verließ der letzte Wagen das Werk.

Motorshow New York 1954
Premiere: Der erste Serien-SL auf der Motorshow
in New York 1954
 

Dreimal SL
Dreierpack: Serien-300 SL, Typ 11 und W 194
 

Hardtop-Roadster
300 SL Roadster mit Hardtop

VOM LUXUSSPORTWAGEN ZUM KULTOBJEKT

Der 300 SL hatte viele gut betuchte und prominente Kunden. Neben dem Aga Khan, dem Reeder Niarchos, dem Schah von Persien, Herbert von Karajan, Tony Curtis, Romy Schneider und Toni Sailer leisteten sich auch der Sekthersteller Henkel und Cie. sowie die Mercedes-Konkurrenten Bentley und Adam Opel AG je ein Exemplar (zum Glück haben sie ihn nicht nachgebaut). Der 300 SL wurde zum Filmstar ("Fahrstuhl zum Schafott"), zur Legende und schließlich zum begehrten Oldtimer-Sammler-
objekt. Nur ein geringer Prozentsatz der je gebauten Exemplare dürfte in der Schrottpresse gelandet sein, wer sich einen leisten kann, scheut auch die Ausgaben für eine Totalrestaurierung nicht (allein ein Satz Gummidichtungen kostet ca. 1.000 Euro). Die Preise liegen (nach extremen Höhenflügen in den 80ern) heute in gutem Zustand über 350.000 Euro. Die noch vergleichsweise hohe Stückzahl existierender 300 SL drückt den Preis im Vergleich etwa zu seltenen Ferraris oder dem damals direkten Marktkonkurrenten BMW 507. Daimler-Benz nutzt den Mythos 300 SL für das Image: bei vielen Oldtimer-Veranstaltungen und -Gleichmäßigkeitsfahrten sind werksbetreute W 194 und W 198 zu bewundern.
1999 wurde der 300 SL auf Initiative der Oldtimer-Zeitschrift Motor Klassik von einer aus 50 Experten bestehenden Jury zum "Sportwagen des Jahrhunderts" gewählt.

300 SL bei den Golden Oldies Wettenberg
Ausstellung des Mercedes-Museums bei den
"Golden Oldies" in Wettenberg
(Foto: rtf)


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