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1952
- DAS JAHR DES W 194
1952
kehrte Mercedes-Benz mit dem nur dafür konstruierten 300 SL in den
Motorsport zurück. Es war eine triumphale Rückkehr. Der werksintern
als W 194 bezeichnete stromlinienförmige Sportwagen
mit einem phänomenalen cw-Wert von nur 0,25 und dem merkwürdigen
Einstieg durch eine Klappe, die von der Unterkante der Seitenscheibe bis
zur Dachmitte reichte, trat erstmals am 4. Mai 1952 bei der Mille Miglia
an und letztmals am 19. November 1952 bei der legendären Carrera Panamericana.
Dazwischen lagen drei weitere erfolgreiche Rennteilnahmen, und danach war
das Kapitel W 194 beendet. Bis auf eines gewannen die 300 SL alle diese
Rennen - und begründeten einen Mythos.
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Mille
Miglia: Karl Kling wird Zweiter
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3./4.
MAI 1952: MILLE MIGLIA
Erste Station des
Mercedes-Triumphzuges war die Mille Miglia - 1000 Meilen zwischen Brescia
und Rom, ausgetragen seit 1927 (mit einer langen Unterbrechung durch den
2. Weltkrieg). Als Fahrer hatten die Stuttgarter Hermann Lang, Karl Kling
und Rudolf Caracciola verpflichtet, alles alte Recken, die schon vor dem
Krieg hinter den Lenkrädern von Rennautos saßen. Für Lang
endete das Rennen bereits nach 220 Kilometern, er streifte einen Stein
und beschädigte sich die Hinterachse. Kling machte es weitaus besser,
nach 700 Kilometern lag er in Führung, doch sein schärfster Konkurrent
Bracco auf einem Ferrari 250 S holte Minute um Minute auf und erreichte
das Ziel schließlich 4 Minuten vor Kling. Caracciola wurde Vierter.
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18.
MAI 1952: BERN - BREMGARTEN
Bereits
zwei Wochen nach dem erfolgreichen Einstand traten beim Großen Preis
der Schweiz gleich vier 300 SL an. Doch nur drei erreichten das Ziel: Caracciola
kam von der Straße ab und zerlegte seinen W 194 an einem Baum. Caracciolas
Verletzungen beendeten eine lange Rennkarriere. Seine Kollegen allerdings
düpierten die Konkurrenz und belegten die drei vorderen Plätze:
1. Kling (Startnummer 18), 2. Lang (20), 3. Fritz Rieß (22). Bern
war das einzige Rennen, in dem die SL (außer Rieß) nicht in
silbergrau antraten. Caracciola fuhr in rot, Kling in dunkelgrün und
Lang in hellblau.
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Am Start in Bern: Kling (links) und Caracciola |
Zuerst
per pedes: der berühmte Le Mans-Start
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13./14.
JUNI 1952: LE MANS
Die nächste
Station der 300 SL-Armada war das 24-Stunden-Rennen in Le Mans. Hier galt
es zuvor allerdings einige Hürden zu nehmen. Die Rennkommissare nahmen
Anstoß an den Einstiegsklappen. Als Kompromiß wurde der Türausschnitt
weiter nach unten verlegt - die Flügeltüren waren geboren. Um
die Fahrzeuge am Ende der schnellen Geraden in Le Mans herunterzubremsen,
experimentierte Mercedes bei den Rennvorbereitungen mit einer "Luftbremse":
eine Art beweglicher Spoiler auf dem Dach, der sich, vom Fahrer gesteuert,
beim Verzögern aufstellte und per Luftwiderstand die Trommelbremsen
des 300 SL unterstützte. Im Rennen wurde das kuriose Gestell jedoch
nicht eingesetzt (erst 1955 beim 300 SLR, ebenfalls in Le Mans).
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3.
AUGUST 1952: NÜRBURGRING
Den
ersten und letzten Rennauftritt in Deutschland hatten die 300 SL-W 194
im Rahmenrennen des Großen Preises von Deutschland. Ohne allzugroße
Konkurrenz landeten (in dieser Reihenfolge) Lang (Nr. 21), Kling (24),
Rieß (22) und Helfrich (23) einen Vierfachsieg. Zuvor wurde auch
am Nürburgring experimentiert: mit Kompressoren ausgestattet, brannten
die SL Zeiten von knapp zehneinhalb Minuten in den Asphalt der Nordschleife.
Die Vorkriegstechnik, ursprünglich u.a. in den SSK-Rennmotoren eingesetzt,
wurde wegen der Belastung der Zylinderkopfdichtungen dann im Rennen nicht
verwendet, die Zeit der Kompressormotoren war erstmal vorbei. Statt hörbarer
gab es sichtbare Änderungen: alle vier SL fuhren als "Spyder" mit
abgeschnittenen Dächern - wegen des besseren Überblicks in den
unübersichtlichen Nordschleifen-Kurven.
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Theo Helfrich im "Karussell" |
Links der Wagen von Karl Kling mit den "Geierstäben" |
19.
- 23. NOVEMBER 1952: CARRERA PANAMERICANA
Die härteste
Probe stand den 300 SL in Mexiko bevor. In mehreren Tagesetappen war bei
der zum dritten Mal ausgetragenen Carrera Panamericana eine über 3500
km lange Strecke zu bewältigen, eine Tortur für Fahrer und Autos.
Mercedes verschiffte vier 300 SL nach Mexiko, die Fahrer waren Karl Kling/Hans
Klenk (Startnummer 4), Hermann Lang/Erwin Grupp (3), John Fitch/Eugen Geiger
(6) mit einem Spyder sowie der Sportredakteur von "auto motor sport", Günther
Molter, der den Ersatzwagen, einen zweiten Spyder, betreute und als Assistent
für Mercedes-Rennleiter Neubauer fungierte. Fitch/Geiger wurden während
des Rennens disqualifiziert, weil sie angeblich beim Start zur vorletzten
Etappe die Startlinie im Rückwärtsgang überfuhren. Sieger
wurden Kling/Klenk mit einer Gesamtzeit von knapp 19 Stunden, drei Stunden
schneller als der alte Rekord, Lang/Grupp belegten Platz 2. Ein denkwürdiges
Erlebnis hatten Kling/Klenk während des Rennens: Bei voller Fahrt
prallte ein Bussard (andere Quellen sprechen von einem Geier) in die Windschutzscheibe,
durchschlug sie und verletzte Beifahrer Hans Klenk am Kopf. Am Abend wurden
Gitterstäbe vor die Scheibe montiert - der Wagen ist heute so im Daimler-Benz-Museum
in Stuttgart zu bewundern.
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SERIENSIEGER
Doch nicht nur der W 194, der ja nur für den Rennsport gebaut wurde, sondern auch der Serien-300 SL (W 198) war sportlich erfolgreich. Es ist natürlich unmöglich, alle Rennteilnahmen und -siege des Fügeltürers oder Roadsters aufzulisten. Dem auch im Übrigen sehr empfehlenswerten Buch zum 300 SL von Mike Riedner und Günter Engelen sind ein paar Ergebnisse zu entnehmen. Hauptsächlich
wurde der Wagen privat bei Langstreckenrennen und Rallyes eingesetzt. Als
Beispiele seien genannt: 1955
Mille Miglia Platz 5 (Fitch/Gesell), Platz 7 (Gendebien/Wascher) und Platz
10 (Casella); Großer Sportwagenpreis von Schweden Platz 1 (Kling),
Europäische Tourenwagenmeisterschaft (Engel); Italienische Sportwagenmeisterschaft
(Zampiero); amerikanische Sportwagenmeisterschaft (O'Shea). 1956
Mille Miglia Platz 6 - 8 (Metternich/Einsiedel, Seidel/Glöckler, Pollet/Flamdrak)
sowie Platz 10 (Rieß/Eger); Rallye-Europameister (Schock/Moll nach
Siegen bei der Rallye Sestrieres, Akropolis und Wiesbaden); Rallye Lüttich
- Rom - Lüttich (Mairesse/Genin); Avus-Rennen (Dreifachsieg durch
von Trips, Zeller, Seidel); amerikanische Sportwagenmeisterschaft (erneut
O'Shea). Auch 1957
gewinnt Paul O'Shea diese Serie, diesmal - wohl um den 300 SL-Absatz in
den USA zu fördern - mit einem werksunterstützten auf- bzw. umgerüsteten
300
SLS.
Auch
heute noch sind 300 SL Roadster und Flügeltürer im Renneinsatz,
z.B. bei der historischen Mille Miglia. Daß sie dabei nicht immer
nur geschont, sondern einsatzfreudig gesteuert werden, zeigt das im Technikmuseum
Sinsheim entstandene Foto.
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Flügeltürer im harten Rallyeeinsatz (Startnummer 73 bei der Rallye Lüttich - Rom - Lüttich) Der 300 SLS von Paul O'Shea
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